Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Korbach

Geschichtlicher Überblick

Aus der ehemaligen Grafschaft, dem späteren Fürstentum Waldeck, ist aus älterer Zeit wenig über jüdische Bewohner überliefert, obwohl Juden bereits zur Römerzeit in Germanien, und zwar vorwiegend in den Städten am Rhein, Main, Mosel und Donau ansässig waren. In Waldeck war die Niederlassung von Juden offenbar nicht gestattet, es sei denn, sie ließen sich zuvor taufen, wie es einige Historiker mutmaßen. In der westfälischen Geschichtsliteratur ist allerdings von den jüdischen Brüdern Sirnon und Jacob aus Korbach die Rede, die im 16. Jahrhundert in Werl und Münster um Niederlassung nachsuchten. Auch soll im Jahr 1665 ein Jude in Korbach getauft worden sein. Nachgewiesen ist, dass am 30.5.1757 der kaiserliche Agent, Baron d'Argilar aus Wien in Korbach getauft wurde und die Vornamen Friedrich Christian erhielt. Aber Baron d'Argilar war wohl nur auf Reisen in Korbach, niedergelassen hat er sich hier nicht.

Die Juden bedurften als Angehörige des Volkes Israel für ihr Leben, ihren Besitz, zur häuslichen Niederlassung und Eheschließung sowie zur wirtschaftlichen Betätigung des besonderen Schutzes des jeweiligen Landesherren. Dieses ursprünglich kaiserliche Recht der Schutzgewährung ging mit dem Erstarken der Territorialherrschaften auf die Landesfürsten über.

Über den gewährten Schutz wurde ein Schutzbrief ausgestellt, in dem die Rechte und Pflichten der als Schutzjuden bezeichneten Inhaber festgelegt wurden. Dies geschah aber nur gegen Zahlung eines Schutzgeldes, das­ jährlich zu entrichten war. Der Schutz galt nur für den Schutzjuden und seine Familie, das heißt für die Ehefrau und die unverheirateten Kinder. Der Schutzbrief konnte nicht vererbt werden, obwohl in der Regel der älteste Sohn oder Schwiegersohn den Schutz gegen weitere Geldzahlungen erhielt.

Später ging man dazu über, Juden - an denen man aus wirtschaftlichen Gründen interessiert war als sogenannte "Toleranzjuden" gegen Zahlung eines "Toleranzgeldes" aufzunehmen, sie bekamen einen Toleranzschein. Dieser Personenkreis hatte eine rechtlich völlig ungesicherte Stellung, denn die nur tolerierten Juden konnten je nach Interessenlage wieder abgeschoben werden, während die Schutzjuden doch eine relativ gesicherte Stellung hatten.

So erging zum Beispiel am 11.12.1820 der fürstliche Befehl, die aus Kurhessen gebürtigen und in Waldeck nicht geschützten, sondern nur tolerierten Juden, auszuweisen. Dieser Personenkreis sollte Waldeck binnen 2 Monaten verlassen.

Wie bereits erwähnt, durften ursprünglich nur Schutzjuden, später auch Toleranzjuden, eine Familie gründen und eine Geschäftstätigkeit ausüben. Die nicht geschützten oder tolerierten Juden konnten nur als Knechte oder Mägde, meist bei Schutzjuden, unterkommen und lebten vielfach dort in ärmlichen Verhältnissen; teilweise mußten sie ihren Lebensunterhalt als Bettler fristen. Man bezeichnete sie auch als Betteljuden.

In der Mitte des 18. Jahrhunderts setzte sich auch in Waldeck die Erkenntnis durch, dass die Juden zur Entwicklung von Handel und Gewerbe außerordentlich nützlich waren, denn sie hatten große Erfahrungen im Handel und verfügten über weitreichende geschäftliche und verwandschaftliche Beziehungen. Die bis dahin restriktive Haltung gegenüber der Judenansiedlung wurde gelockert und Juden erhielten vermehrt Schutzbriefe zur Niederlassung im Fürstentum Waldeck. Bis dahin gab es nur wenige Hofjuden in Arolsen, welche die Geldgeschäfte des Fürsten besorgten.

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